Ich schreibe diese Kolumne in absentia. Nicht aus den Ratsferien, sondern aus der «Babypause». Ich nenne meine Absenz jetzt mal so, obwohl sich das Wort «Baby» und «Pause» etwas beissen, vor allem beim zweiten Kind. Ich bin also von Ende Mai bis im September in der Babypause. Während ich in der Sachkommission vertreten werde, bleibt mein Sitz im Rat in dieser Zeit unbesetzt und meine Stimme fehlt. Dasselbe trifft auf Rätinnen und Räte zu, die z. B. krankheitsbedingt für eine längere Zeit ausfallen.
Im Gegensatz zu einer Krankheit ist der Kinderwunsch eine bewusste Entscheidung, die in Zeiten einer sinkenden Geburtenrate auch bei Politikerinnen und Politikern unterstützt werden sollte. Doch mit der fehlenden Stellvertretungsmöglichkeit im Rat werden vor allem die Frauen fürs Kinderkriegen bestraft. Ein paar wenige kämpfen sich zwei bis drei Wochen nach der Geburt wieder in den Rat zurück, was sehr beeindruckend ist, doch auf keinen Fall erwartet werden darf.
Ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, dass die Umstände sehr verschieden sein können. Mein erstes Kind kam acht Wochen vor meinem Amtsantritt zur Welt und es war damals für mich kein Problem, pünktlich im Rat zu starten. Beim zweiten Kind lag ich nach acht Wochen nochmals im Spital, um an der Gebärmutter operiert zu werden. An Gemeinderatssitzungen war zu diesem Zeitpunkt nicht zu denken.
In der Regel ist eine Stimme mehr oder weniger nicht ausschlaggebend; dennoch gibt es auch immer wieder knappe Fälle wie bspw. die Abstimmung zum Kauf des Uetlihofs für 1,2 Milliarden, bei welcher drei Stimmen das Nein entschieden haben. Bei Entscheidungen mit einer solchen Tragweite kann es doch nicht sein, dass unter Umständen die Mutterschaft einer Gemeinderätin den Ausschlag gibt!
Das Thema ist zum Glück bereits auf dem politischen Parkett und ich hoffe, dass es bald vorwärts- geht. Im Jahr 2020 hatte der Gemeinderat beim Kantonsrat eine Behördeninitiative vorgelegt, welche diesen beauftragt, eine passende Rechtsgrundlage zu schaffen. Die Vorlage wurde im April 2022 abgelehnt, da inzwischen eine parlamentarische Initiative zum Thema gemeinsam von Kantonsrätinnen der SP, AL, Grüne und GLP eingereicht wurde.
Diese ist inzwischen in der zuständigen Kommission und enthält bereits einen konkreten und guten Umsetzungsvorschlag: Eine temporäre Stellvertretung soll bei Elternschaft oder Krankheit sowie für ausbildungs- und betriebsbedingte Ausfälle möglich sein. Zudem soll die Vertretung minimal 3 Monate und maximal 8 Monate dauern, wobei die erste nicht gewählte Person auf der Wahlliste die Stellvertretung übernimmt.