Daniel Jaggi
Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Sekunde. Sofortige Wiederbelebungsmassnahmen sind daher entscheidend, denn je schneller reanimiert wird, desto höher sind die Überlebenschancen. Konkret: Pro Minute sinkt die Überlebenschance um jeweils 10 Prozent. Wichtig ist also, dass möglichst schnell Ersthelfer, sogenannte First Responders, vor Ort sind, denn die Anfahrt des Rettungsdienstes kann je nach Ort im Kanton Zürich deutlich länger dauern.
Die Gebäudeversicherung des Kantons Zürich (GVZ), die für die strategische Aufsicht über die Feuerwehren im Kanton zuständig ist, hat im Auftrag des Kantonsrates im April ein flächendeckendes Pilotprojekt gestartet. Seither stehen über den ganzen Kanton verteilt 790 Ersthelfer bereit. Dass sie gebraucht werden, zeigt die Einsatzstatistik. In den ersten zwei Monaten seit Projektstart sind sie bereits zu 145 Einsätzen aufgeboten worden. «Insbesondere in und rund um die Städte Zürich, Winterthur und Opfikon-Glattbrugg, aber auch über den gesamten Kanton Zürich verteilt», sagt Renato Mathys.
Nichts Unbekanntes im Kanton
Wie der Leiter Feuerwehr bei der GVZ ausführt, haben sich bereits 1450 Personen als First Responders registrieren lassen. Sie verfügen damit über die notwendigen medizinischen Grundkenntnisse, besitzen also mindestens ein BLS-AED-SRC-Zertifikat. Bevor sie zu Einsätzen zugelassen sind, müssen sie aber noch einen obligaten, dreistündigen Grundkurs bei der GVZ absolvieren. Hier geht es um rechtliche Situationen, den Datenschutz oder die möglichen psychischen Belastungen durch das Ereignis. Gleichzeitig wird die First-Responder-App, über die zu Einsätzen aufgeboten wird, freigeschaltet und die Einsatztasche abgegeben.
Das nun gestartete First-Responder-System zeichnet sich nach Angaben von Renato Mathys durch «Ausgewogenheit hinsichtlich verschiedener beruflicher Hintergründe und Geschlechter» aus. «Die Mehrheit unserer First Responders stammt aus Feuerwehr und Rettungsdienst, was eine solide Basis an notfallmedizinischem Wissen und praktischer Erfahrung garantiert. Zudem haben wir viele engagierte Personen mit medizinischem Hintergrund und Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen an Bord», so der Leiter der Feuerwehr weiter.
First Responders gibt es im Kanton Zürich aber schon länger. Bereits haben
39 von insgesamt 102 Feuerwehren freiwillig First-Responder-Einsätze geleistet. Feuerwehren mit Ersthelfern befinden sich aber meist in abgelegenen Gemeinden mit langen Anfahrtswegen für die Sanität. So gibt es sie beispielsweise im Rafzerfeld bei der Feuerwehr Rafz-Wil.
Dreijährige Pilotphase
Damit eine noch höhere Abdeckung im Kanton erreicht wird, soll die Anzahl der Ersthelfer bis zum Ende der dreijährigen Pilotphase von einst 400 auf bis zu 2500 erhöht werden. «Die dreijährige Pilotphase ermöglicht uns eine kontinuierliche Evaluierung, das Sammeln von Rückmeldungen und den Einbezug von Anregungen von First Responders», sagt Mathys, der anfügt: «Im Rahmen des Pilots beziehungsweise mit dieser Vorgehensweise bleiben wir flexibel und können auf Veränderungen reagieren und notwendige Anpassungen vornehmen.»
Erfreut zeigt sich der Feuerwehr-Chef über das grosse Interesse. Er geht deshalb auch davon aus, dass das für dieses Jahr gesetzte Jahresziel von 1500 einsatzbereiten First Responders erreicht wird. Für eine Einschätzung über das gesamte Pilotprojekt sei es aber noch zu früh, so Mathys auf Nachfrage.
Sofern das kantonale First-Responder-System in dieser Form fortgeführt werden soll, werden nach Abschluss der Projektphase die notwendigen rechtlichen Grundlagen geschaffen.
Postulat als Auslöser
Das Pilotprojekt «First Responder Kanton Zürich» und somit die Neuausrichtung der First-Responder-Organisation erfolgt im Auftrag des Kantonsrats, in Zusammenarbeit mit der Gesundheitsdirektion. Anstoss war ein Postulat, das vor fünf Jahren im Kantonsrat eingereicht wurde. In der Folge hat der Regierungsrat die Feuerwehrverordnung dahingehend erweitert, dass das Erbringen von lebensrettenden Sofortmassnahmen künftig Teil des Grundauftrags der Feuerwehr ist. Die bereits aktiven First Responders der Feuerwehren, die weiterhin als First Responders tätig sein wollen, wurden nahtlos in das neue System integriert. Die Kosten für Ausbildung, Einsatzmaterial und Versicherung werden von der GVZ getragen. First Responders leisten ihre Einsätze aber ehrenamtlich, ohne finanzielle Entschädigung. Sie werden von der Einsatzleitzentrale 144 über die neue First-Responder-App aufgeboten. Bis dahin erfolgt die Alarmierung via Pager. First Responders werden immer parallel zum Rettungsdienst alarmiert, sofern sie vor dem Rettungsdienst am Einsatzort eintreffen können. Sobald der Rettungsdienst vor Ort ist, übernimmt dieser die weitere Betreuung der Patientin oder des Patienten.
So wird man First Responder
Die neue First-Responder-Website der GVZ verschafft Einblicke in die Aufgaben und liefert alle Informationen dazu, wie man ein First Responder wird. Die GVZ lädt engagierte Erwachsene im Kanton Zürich, welche die Notfallversorgung in ihrer Region unterstützen möchten, dazu ein, sich zu registrieren. Neben den Angehörigen der Feuerwehren sind beispielsweise auch Personen, die einer weiteren Organisation des Personen- und Bevölkerungsschutzes angehören, oder solche mit einschlägiger Erfahrung im medizinischen Bereich.