Vor nicht einmal 20 Jahren hat die Stadt gut 140 Millionen Franken in die Hand genommen, um die Eishalle Oerlikon, auch «Stadiönli» genannt, umfassend zu sanieren. Nun will die Stadt das durchaus schmucke Bauwerk einfach abreissen. Es sei, wie auch das Hallenbad auf der Strassenseite gegenüber, «in die Jahre gekommen». Sprich. Ein Neubau muss her. Graue Energie? 2000-Watt-Gesellschaft? Geschenkt. Dank den Neubauten könne man viel Energie sparen, der Betrieb sei wirtschaftlicher und effizienter. Dass das neue Sportzentrum dereinst mit 370 Millionen Franken mehr als doppelt so viel kosten wird, wie anfänglich prognostiziert, findet sogar Stadtrat Filippo Leutenegger (FDP) akzeptabel. Oft zitiert werden die allgemeine Teuerung, Planungsunschärfen und geänderte Anforderungen. Kritiker wie Bauexperte Heinrich Frei werden ignoriert, obwohl sich ihre Meinungen im Nachhinein oft als richtig erweisen. Abreissen statt sanieren ist verführerisch für Generalplaner und Baufirmen. Doch die Klimabilanz ist verheerend, was aber wohl erst die kommende Generation realisieren wird.
Beim geplanten Sportzentrum gibt es aber auch Kritik aus der Politik. SVP-Gemeinderat Martin Götzl kritisiert das vorliegende Projekt. Er hat sich mit politischen Vorstössen mehrfach dafür eingesetzt, dass man dieses Projekt nochmals überdenkt und anpasst. Er attestiert, dass «der Bedarf von Schwimm-, Rasensport- und Eisflächen unbestritten ist». Ursprünglich hat man bei diesem Projekt mit 200 Millionen gerechnet. «Nun sind die Kosten aus dem Ruder gelaufen. Mit einem 370- Millionen-Bau will man sich mit einem Luxus-Sporttempel verwirklichen.» Trotz den ausufernden Kosten habe man es nicht fertiggebracht, alle Anspruchsgruppen in dieses Projekt einzubauen. Der Tennisclub Oerlikon mit seinen über 400 Mitgliedern solle künftig aus dieser Sportanlage verbannt werden. «In dieser Form ist das weder ein gutes noch ein zweckmässiges Projekt», ist Götzl überzeugt.
Herber Verlust
Ähnlich tönt es von Ralph Sträuli, Präsident des TC Oerlikon. «Die Tatsache, dass der bestehende Tennissport – nota bene der drittgrösste olympische Sportverband der Schweiz, nach Turnen und Fussball – mit dem ansässigen, sehr gut florierenden Tennis Club Oerlikon mit über 400 Mitgliedern keine Berücksichtigung im polysportiven neuen Sportzentrum Oerlikon findet, ist äusserst fraglich und enttäuschend.» Zwar sei es richtig, dass das Sportamt dem TCO eine Alternative angeboten habe, die Tennisanlage Eichrain in Seebach. Das gebe dem Club sicherlich einen gewissen Mehrwert (z. B. Traglufthalle im Winter, neues Gebäude). «Dennoch ist es für das Quartier Oerlikon ein herber Verlust, dass sein Sportverein mit über 400 Mitgliedern, der hervorragend im Quartier verankert ist, verschwindet.» Nach Auffassung von Ralph Sträuli tangiert die ganze Diskussion Tennisclub oder ein zusätzlicher Rasenplatz die ganze Projektplanung wenn überhaupt nur marginal, da die bestehende Tennisanlage ziemlich genau einem Rasenplatz entspricht und somit den Rest des Projektes nicht wirklich beeinflusst. «So sehr ich die Problematik der mangelnden Verfügbarkeit von Rasensportflächen verstehe, kann ich nach wie vor nicht nachvollziehen, warum an einem Standort von bereits sechs bestehenden Rasenplätzen noch unbedingt ein siebter hingepflanzt werden.» Sträuli erinnert an das Beispiel mit dem Fussballclub Unterstrass mit einem (1!) Platz und über 20 Teams.
Das Mega-Bauprojekt geht nun in den Gemeinderat. Eine Ratsabstimmung ist für den Frühling 2025 vorgesehen, gefolgt von einer Volksabstimmung. Ralph Sträuli will weiterhin für seinen Tennisclub am angestammten Ort kämpfen. «Wir lassen nichts unversucht – die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.» Neben der SVP hat sich die Politik noch nicht gross geäussert. Der fürs Grossprojekt federführende Stadtrat André Odermatt (SP) hat die Pläne so anpassen lassen, dass der eine oder andere Baum stehen bleibt. Ob das reicht, um Links-Grün zu überzeugen, wird sich weisen. So oder so bleiben laut Ralph Sträuli dem Tennisclub «mit Sicherheit noch mindestens sechs Saisons auf unserer Anlage, also bis und mit mindestens 2030; erfahrungsgemäss für solche Projekte wohl eher mehr».