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Essen & Trinken
04.05.2024
06.05.2024 08:32 Uhr

Der grosse Erdbeertörtli-Report

Mmm, so fein: Erdbeertörtli kann man nur schwer widerstehen.
Mmm, so fein: Erdbeertörtli kann man nur schwer widerstehen. Bild: Pascal Turin
Kräftig rote Erdbeeren markieren die Hochzeit des Frühlings. In den Confiserien leuchten einem Erdbeertörtli entgegen. Die seit Generationen beliebte Patisserie ist fast überall zu finden. Wir haben ausprobiert, wie gut es um die Qualität dieses scheinbar simplen Klassikers bestellt ist.

Tobias Hoffmann

Was ist röter als eine Erdbeere? Eine Erdbeere auf einem Erdbeertörtli. Das Geheimnis, das die Erdbeere zu leuchtendem Glanz treibt, ist der «Schlee» (oder wenn Sie wollen: der oder das Gelee), eine Glasur aus  – ja woraus denn? Das wird im Folgenden zu klären sein.

Das Erdbeertörtli ist ein Klassiker der schweizerischen Confiseriekultur und in fast jeder Bäckerei-Confiserie zu finden. Und dort sind die Törtli immer ein Blickfang, mit ihrem leuchtenden Kranz von etwa vier oder fünf halbierten Erdbeeren und dem makellos weissen Topping aus hoffentlich lupenreinem Schweizer Rahm. Und Erdbeertörtli gehören zu jenen Sachen, die kaum jemand selbst macht. Da kann eine bestimmte Kochplattform so lange behaupten, wie sie will, dass selbst gemachte Erdbeertörtli am besten schmecken. Mit einer fertig gekauften Tartelette und einer Vanillecreme vom Grossverteiler sicher nicht. Also muss es hier darum gehen, was das Wesen eines guten Erd­beer­törtlis ausmacht. Und in einem zweiten Schritt ist zu ergründen, wie es um die Erdbeertörtliqualität in der Stadt und Agglomeration Zürich steht. Denn im hippen Zürich muss man sich manchmal um die guten alten Werte Sorgen machen.

Ein gutes Bödeli ist das halbe Törtli

Für die Beantwortung der ersten Frage steigen wir ganz oben ein: beim Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verband mit Sitz in der Bundeshauptstadt. Wir wollen wissen, ob es vom Verband her so etwas wie einen Qualitätsstandard für Erdbeertörtli gibt. Laut Claudia Vernocchi, Vizedirektorin und Redaktionsleiterin der Verbandszeitschrift «Panissimo», bestehen wohl Vorschriften, was die Hygiene und Arbeits­sicherheit betrifft, ebenso die Deklaration; doch in der Herstellung der Produkte seien die Mitglieder frei, ihrer Kreativität werde alle Freiheit gewährt.

Das Erdbeertörtli als Klassiker der Schweizer Confiseurkunst darf auf der Website des ­Verbandes nicht fehlen. Bild: Screenshot

Dann müssen wir also direkt an die Quelle gehen. David Kohler, Geschäftsleiter der Confiserie Café Freytag AG im Zürcher Seefeld, ist ein guter «Kronzeuge», denn Freytag zählt zu den wenigen Betrieben, die nur lokal produzieren und kein Filialnetz betreiben. Freytags Erdbeertörtli gehen laut Kohler so: Die Zuckerteigböden als Basis werden alle zwei Tage hergestellt. Täglich werden sie mit frisch produzierter Vanillecreme gefüllt. Dafür kommt ausschliesslich Schweizer Rahm zur Verwendung. Die gefüllten Bödeli werden mit Schweizer Erdbeeren belegt. Anschliessend wird jedes einzelne Törtchen mit Erdbeergelee bestrichen. Dieses besteht aus Erdbeermark, Wasser, etwas Zucker und Pektin als Geliermittel. Eine Rahmrosette und ein Schokoladendekor garnieren die Leckerei.

Es gibt natürlich verschiedene Bödeliarten. Die meisten Konsumenten werden wohl eine knusprige Variante bevorzugen. Wie aber ist es um die Knusprigkeit bestellt, wo doch die meisten Bäckereien in Stadt und Region Zürich zu Filialnetzen von Grossbäckereien gehören? Es gehört zu dem Paradoxen in der Branche, dass die Zahl der Betriebe in den letzten zwanzig Jahren stetig gesunken ist, während die Zahl der Verkaufsstellen vor etwa zehn Jahren wieder deutlich zu steigen begann. In Zürich drängten selbst ausserkantonale Bäckereien auf den umkämpften Markt, so zum Beispiel Bachmann und Hug aus Luzern.

An einer breiten Auswahl mangelt es also nicht. Wir haben bei unserem Streifzug eher die kleinen Betriebe angesteuert. Solche, für die sich vielleicht auch ein Umweg lohnt. Und teure Luxusconfiserien wie Sprüngli und Honold haben wir ausser Acht gelassen, sie bedürfen keiner zusätzlichen Publizität.

Nun also viel Spass beim Lesen und später dann beim Zubeissen. Und vergessen Sie nicht, nachher die Rahmspuren an Ihrer Nasenspitze wegzuputzen.

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Vuaillat ist in einem Bereich ganz gross: bei den Sauerteigbroten. Aber auch feine Erdbeertörtli hat die Bäckerei im Angebot. Bild: Tobias Hoffmann

Vuaillat: Nicht nur Sauerteig

Die Vuaillat-Filiale an der Aemtlerstrasse ist ein Minilädeli. Doch Vuaillat ist in einem Bereich ganz gross: bei den Sauerteigbroten. Chef Martin Mayer hat sich als Sauerteigspezialist weitherum einen Namen geschaffen. Wir sind ganz froh, dass er auch Erdbeer­törtli anbietet, mögen sie auch aus Uster kommen. Dort werden sie jeden Morgen um 4 Uhr frisch hergestellt, wie Mitarbeiterin Jeannine Wöhrle uns mitteilt. Die Erdbeeren bezieht Vuaillat sobald als möglich direkt von einem Bauern aus Illnau. (toh.) 

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Die Erdbeertörtchen in der Bäckerei Konditorei Tanner sind hausgemacht wie alles, so auch das Pariserbrot. Bild: Lorenz Steinmann

Bäckerei Konditorei Tanner: Genau wie es sein muss

Eher unscheinbar schmiegt sich die schon über 100 Jahre bestehende Bäckerei Konditorei Tanner in die Seebacher Häuserzeile der Schaffhauserstrasse. Ist man aber erst einmal drin, dann fühlt man sich sofort wohl: Familiär wird man bedient. Die Erdbeertörtchen sind hausgemacht wie alles, so auch das Pariserbrot, das x-fach knuspriger ist als die Pendants in den vielen Trendbäckereien. Die Törtchen, die nur 3.60 Franken kosten, munden sehr. Die Vanillecreme ist ideal stichfest, der Bödeliteig knackig-fein. Die Erdbeeren perfekt gereift und der obligate Gelee mit dem Rahm spitze! (ls.)

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Ein kleiner Test en famille ergab einhellige Zustimmung zu den Erdbeertörtli aus der Confiserie Café Freytag. Bild: Tobias Hoffmann

Confiserie Café Freytag: Immer wieder Freytag

«Immer wieder Freytag», das galt bei uns für die bekannten und wirklich feinen Amaretti aus der Confiserie im Seefeld, nah bei der Haltestelle Höschgasse. Ein kleiner Test en famille ergab aber auch einhellige Zustimmung zu den Erdbeertörtli. Kein Wunder, denn laut David Kohler, seit 2022 Geschäftsleiter, stelle Freytag alle zwei Tage Zuckerteigböden her, die dann täglich mit frischer Vanillecreme gefüllt würden. Das Belegen und das Garnieren der Törtli geschehe fast stündlich. Das ist der Trumpf eines Einzelbetriebs: Frischegarantie. (toh.)

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Hier kaufen auch Nachtschwärmerinnen und Nachtschwärmer ein: Der «Happy Beck» ist täglich während 24 Stunden geöffnet. Bild: Pascal Turin

Happy Beck: 24/7 Erdbeertörtli essen

Der «Happy Beck» ist die Kultbäckerei an der Langstrasse – direkt gegenüber dem «Rothaus». Sie ist täglich während 24 Stunden geöffnet. Wer also nach dem Ausgang drängende Lust nach einem Erdbeertörtli verspürt, ist hier an der richtigen Adresse. «Es kommt vor, dass bei uns Leute nach einer Nacht im Club Erdbeertörtli bestellen», sagt Bäcker Yakup Aydin schmunzelnd. Desserts mit Erdbeeren sind laut dem Geschäftsführer sowieso immer beliebt. Darum hat der «Happy Beck» auch Erdbeerschnitten und Erdbeer-Eclairs im Angebot. (pat.)

Tobias Hoffmann/Zürich24