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Kultur
02.02.2024
04.02.2024 13:39 Uhr

Der Körper als Werbe-Sujet im Fokus

Gestählte Männerkörper und sexualisierte Frauenkörper – von Stereotyp bis Stigma: «Talking Bodies» zeigt die Facetten des menschlichen Körpers als Werbesujet im Laufe der Zeit.
Gestählte Männerkörper und sexualisierte Frauenkörper – von Stereotyp bis Stigma: «Talking Bodies» zeigt die Facetten des menschlichen Körpers als Werbesujet im Laufe der Zeit. Bild: Pierre Kellenberger, © ZHdK
Der öffentliche sowie virtuelle Raum ist von Bildern, die Körper zeigen, überflutet – allen voran stereotype Idealkörper. Die Ausstellung «Talking Bodies» im Museum für Gestaltung Zürich widmet sich eben jenem Thema, versucht dabei aber auch geltende Konventionen aufzubrechen.

Die Macht von Bildern ist allgegenwärtig  – speziell in der Werbeindustrie. Dort ist insbesondere der menschliche Körper ein beliebtes Werbesujet. Für den schnellen Konsum produziert, orientieren sich die Körperbilder dabei an einer vermeintlichen Norm. Kranke, beeinträchtigte, alte, non-binäre, queere oder schwarze Körper erhalten hingegen kaum Sicht­barkeit, wie das Museum für Gestaltung Zürich in einer Mitteilung zur aktuell laufenden Ausstellung «Talking Bodies – Körperbilder im Plakat» schreibt.

Vor allem Plakate, die als Projektionsfläche alltäglicher Sehnsüchte fungieren, erweisen sich dabei als besonders resistent gegenüber gesellschaftlichem Wandel. So sind Körperdarstellungen oft ein Spiegel aktueller oftmals auch kulturell bedingter, sich manifestierter Machtverhältnisse. Die prägendste Normierung von Körpern erfolgt durch das streng binäre Geschlechtermodell von Mann und Frau.

Wissenschaftlich längst widerlegt, wird es durch Bilder und Erzählungen im gesellschaftlichen und privaten Alltag unendlich fortgeschrieben. Gleichzeitig werden darüber Rollenzuschreibungen vorgenommen und sozial konstruierte Eigenschaften von Mann und Frau naturalisiert. In Massenmedien und Populärkultur wird dies besonders deutlich.

Von Sexualisierung bis Stärke

Nackte Frauen und gestählte Männer­körper: Allzu oft bedient sich die Werbe­industrie dieser Art von stereotypisierten Ideal­bildern. So dient bereits seit langem in der Werbung vor allem der sexualisierte weibliche Körper, aus der explizit männlichen Perspektive, als Kaufanreiz zur Vermarktung von Produkten.

  • «Canada Dry»-Plakat von 1954. Bild: Anonym
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  • Einblick in die Ausstellung «Talking Bodies – Körperbilder im Plakat». Bild: Pierre Kellenberger, © ZHdK
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  • «Levi’s»-Plakat, 1973 Bild: Advico Young & Rubicam AG
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  • Gestählte Männerkörper und sexualisierte Frauenkörper – von Stereotyp bis Stigma: «Talking Bodies» zeigt die Facetten des menschlichen Körpers als Werbesujet im Laufe der Zeit. Bild: Pierre Kellenberger, © ZHdK
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Vor­lagen für die Darstellung des weiblichen Körpers als Objekt der Begierde finden sich ebenso in der Kunstgeschichte wie in Objekten der Alltagskultur, wie es in der Mitteilung des Museums für Gestaltung Zürich weiter heisst. Männerkörper hingegen werden als Synonym für physische Stärke und geistige Überlegenheit präsentiert. Dieser Symbolkraft bedienen sich nicht zuletzt auch politische Plakate. Erst um 1980 entdeckte die Kosmetikwerbung den Mann schliesslich auch als sinnliches Werbesujet. Damit einhergehend ist auch der Druck ständiger ästhetischer Selbstoptimierung gewachsen.

Da im Fokus der Ausstellung «Talking Bodies» die europäische Medienkultur steht, geht es vor allem auch um den «weissen Blick» auf die Darstellung des Körpers. So treten in der Ausstellung ­Plakate in einen Dialog mit Werbespots, Objekten der Alltagskultur, historischen Bildern und zeitgenössischen Kunst­positionen.

Auch die Körper schwarzer Menschen werden in den Fokus gerückt und es findet eine kritische Auseinandersetzung statt. Denn bis weit ins 20. Jahrhundert hinein waren sie bevorzugte Werbeträge und wurden in rassistischer Weise zum Objekt degradiert, wie es in der Mitteilung heisst. Erst in jüngster Zeit wendet sich die internationale Aufmerksamkeit verstärkt den Selbstdarstellungen schwarzer Künstler zu, die mit weissen, hegemonialen Fiktionen brechen.

Tabuisierung von Lebensrealitäten

In der Ausstellung «Talking Bodies», die im Museum für Gestaltung Zürich noch bis zum 25. Februar zu sehen ist, treten international bekannte Plakate in einen Dialog mit Werbespots, Objekten der Alltagskultur, historischen Bildern und zeitgenössischen Kunstpositionen.

Es ist unbestritten, dass der Ideal­körper in der Konsumwerbung längst als Projektionsfläche und Wunschbild fungiert, das Glück und Erfolg verspricht. Umso mehr wollen massenmediale Bilder Körper eindeutig lesbar machen. Die visuelle Tabuisierung diverser anderer Lebensrealitäten aber trägt im Gegenzug zu deren Stigmatisierung bei.

Von den Benetton-Kampagnen bis zur zeit­genössischen Adidas- oder Zalando-­Werbung wiederholen sich jedoch Ansätze, Vielfalt abzubilden. Ob es sich dabei um reine Marketingstrategie oder aber um die Vorboten eines Wandels handelt, bleibt abzuwarten.

Alle Infos zur Ausstellung

Dominique Rais