Patrick Holenstein
Herr Conrad Surber, vom 1. bis 4. November findet in der Gessnerallee das 23. Jazznojazz statt. Wie ist die Idee zum Festival damals entstanden?
Das Jazznojazz entstand aus dem internationalen Jazzfestival Zürich, das 1994 der städtischen Sparschere zum Opfer fiel. 1996 wurde dann das erste Jazznojazz vom «Tages-Anzeiger» im Kaufleutenveranstaltet. Für die zweite Ausgabe,zwei Jahre später, bekam Allblues vom«Tages-Anzeiger» das Mandat für dieProgrammation und Organisation; ab 2003 veranstaltet die Allblues Konzert AG das Festival in eigener unternehmerischer Verantwortung.
War ein Festival mit Schwerpunkt auf Jazz, Soul, R ’n’ B und Funk bei der ersten Ausgabe ein Bedürfnis beim Publikum?
Ja, absolut. Fusion, also Jazz zwischen Rock, Soul, Funk und Hip-Hop war schon in den 80-ern sehr beliebt. Ein Festival, welches sich diesen Genres widmete, wurde also vom Publikum mit offenen Armen empfangen.
Wie hat sich von der ersten Ausgabe bis heute das Publikumsinteresse entwickelt?
Das Jazznojazz möchte eine möglichst breite Palette der populären Spielformen des modernen Jazz präsentieren. Der Jazz hat sich inzwischen nicht neu erfunden. Aber natürlich hat er sich weiterentwickelt und ist offener und zum Teil auch elektronischer geworden. Entsprechend auch das Interesse des Publikums.
Wie viele Menschen können pro Tag das Festival besuchen?
Die Kapazität des Hauptsaals in derGessnerallee liegt bei 900 Personen – knapp 300 davon sind Sitzplätze auf der Tribüne. Im Stall 6 und im Nordflügelder Gessnerallee finden auch nochkleinere Konzerte statt. Die Konzerte werden einzeln verkauft. Man kann aber auch Tages- oder Festivalpässe kaufen. Im Schnitt sind wir bei ca. 2500 Besuchern pro Tag.
Wie hat sich das Booking bzw. die Gestaltung des Programms über die Jahre verändert? Wurde es schwieriger, hochwertige Acts zu buchen?
Jazz ist immer noch eine Nische. Nurwenige Jazzmusiker vermögen grosse Hallen zu füllen. Wenn sie aber mal dazu imstande sind, dann steigen ihre Gagenvorstellungen und sie sind dann eher «zu gross» für die Gessnerallee, weshalb wir sie dann in den grossen klassischen Konzertsälen präsentieren, wie im KKL Luzern, im Kongresshaus oder in der Hall Zürich. Zürich geniesst ein gutes internationales Renommee als «Jazzstadt» und die Künstler kommen daher sehr gerne in die Limmatstadt.
Konnte über alle 23 Ausgaben hinweg ein Act verpflichtet werden, bei dem die Freude besonders gross war?
Es gibt natürlich – nennen wir sie Jazznojazz-Acts – Musiker, welche in der 23-jährigen Geschichte schon mehrmals am Festival waren, weil sie einerseits beliebt sind und eben auch einen typischen Jazznojazz-Stil pflegen. Das sind zum Beispiel der E-Bassist Marcus Miller, die britische Funkband Incognito oderMaceo Parker, der ehemalige Saxofonist der James Brown Band.
Gibt es Auftritte, die besonders in Erinnerung geblieben sind?
Noch vor meiner Zeit bei Allblues sah ich 2003 die legendären E.S.T., das Trio desleider viel zu früh verstorbenen Esbjörn Svensson. Dann bereits im Team vonAllblues kann ich mich 2009 sehr gut an das Trio mit Chick Corea, Stanley Clarke und Lenny White erinnern. Was für eine Spielfreude! Oder als 2014 die amerikanische Fusion-Combo Snarky Puppy das erste Mal in Zürich auftrat. Die haben mich damals weggehauen.
Wie gross ist das Team, das von der Planung über den Aufbau bis zur Durchführung im Einsatz steht?
In der Vorbereitung sind wir ein kleines Kernteam von fünf Personen, welche für die Programmation, die Promotion und die Organisation – Vorbereitung und Durchführung des Festivals – verantwortlich sind. Je näher das Festival kommt, umso mehr Leute werden involviert. Während des Festivalbetriebs sind mit Technik, Produktion, Catering, Staff etc. rund 50 Leute pro Abend im Einsatz.
Was sind die Highlights in diesem Jahr?
Sicherlich die amerikanische Jazzsängerin Samara Joy, welche dieses Jahr den Grammy für die beste Jazzalbum und «Best New Artist» gewonnen hat. Sie ist auch das Gesicht unserer Festivalkampagne. Der weltweit bekannte Schweizer Drummer Jojo Mayer wird mit einem hochinteressanten Solo-Programm auf der Bühne sein: Er wird mit einem Computer interagieren. Und die Headhunters, die Band, welche vor 50 Jahren mit Herbie Hancock einen Meilenstein des Jazzfunks setzte.
Wie früh beginnt jeweils die Planung für die kommende Ausgabe?
Wie man so schön sagt: Nach dem Festival ist vor dem Festival. Bereits ein Jahr vorher haben wir erste Acts, die zumindest mündlich schon mal zugesagt haben.
Dieses Interview entstand in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Online-Kultur-Magazin Bäckstage.ch