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Kultur
29.03.2023
29.03.2023 12:38 Uhr

«Es ist mir wichtig, dass meine Band und ich uns über die Soundästhetik einig sind»

«Erst als das Album fertig aufgenommen war, suchte ich nach einem Label und einer Band», sagt die Zürcher Songwriterin Pina Palau über die Entstehung ihres Debütalbums «Illusion».
«Erst als das Album fertig aufgenommen war, suchte ich nach einem Label und einer Band», sagt die Zürcher Songwriterin Pina Palau über die Entstehung ihres Debütalbums «Illusion». Bild: Ella Mettler
Die Zürcher Songwriterin Pina Palau hat mit «Illusion» ein bemerkenswertes Debütalbum veröffentlicht – Kuhglocken und Raumklang inklusive.Wir haben mit ihr über ihre Arbeit am Album, den Einfluss von Alltagsgeräuschen in ihrer Musik und ihre Pläne für das laufende Jahr gesprochen.

Patrick Holenstein

Pina, dein Album «Illusion» überrascht mit Kuhglocken im Intro oder mit dem bewussten Nutzen des räumlichen Klangs. Wie entstehen bei dir so kleine Details?
Mir ist dieser Aspekt sehr wichtig. Mit der Arbeit am Album habe ich gemerkt, dass ich diesen fast cineastischen Raumklang sehr mag. Als ich mit dem Schreiben für das Album begann, fuhr ich viel Rennvelo. Ich fand es grossartig, dass ich in der Stadt wohnen und auf einer Velotour innert kürzester Zeit irgendwo auf dem Land sein kann. An diesen Sommerabenden auf dem Velo gehörten die Kuh­glocken oft dazu. Irgendwann habe ich das Handy gezückt und sie aufgenommen. Im Intro sind auch Schritte oder ­andere Geräusche aus meinem Alltag zu hören. Für diese Dinge versuche ich immer offen zu sein. Wenn mir etwas spannend erscheint, nehme ich es auf und behalte es.

Wie lange tüftelst du an den Arrangements, bis sie für dich stimmen?
Das kommt darauf an zu welchem Zeitpunkt. Ich versuche, im Prozess des Schreibens schnell vorwärtszuarbeiten und mag es beispielsweise nicht, wenn ich von der Technik aufgehalten werde. Mir geht es darum, eine Stimmung oder ein Gefühl möglichst direkt rüberzubringen. Natürlich braucht es am Ende Zeit für die Feinarbeit. Aber am Anfang will ich möglichst direkt sein. Auf diese Weise arbeite ich die Ideen aus. Manche dieser Sachen übernehme ich später für das ­Album, andere werden verworfen.

Wenn du an ein Album herangehst, hast du eine klare Vision oder schaust du eher, was entsteht, wenn du dich treiben lässt?
«Illusion» ist mein erstes Album und die Arbeit daran hat sich sehr frei angefühlt. Als ich damit angefangen habe, wusste ich nicht, wohin es mich führen würde. Ich hatte kein Label, keine Band, kein konkretes Ziel. Ich habe mich für ein Studio beworben, das der Stadt Zürich gehört, um Musik zu machen. Das Studio kann über längere Zeit gemietet werden. Ich habe es bekommen und fühlte mich darin anfangs sehr leer. Ich dachte daran, das Studio aufzugeben, weil es mir nicht zustehen sollte, wenn nichts Kreatives passiert. Es war Oktober und ich gab mir bis Ende Jahr Zeit, um den Spass an der Musik zu geniessen, danach sollte Schluss sein.

Ich brauchte diesen kompletten Verlust von Druck, und plötzlich sind Songs entstanden. Von da an führte das eine zum anderen. Erst als das Album fertig aufgenommen war, suchte ich nach einem Label und einer Band. Jetzt ist die ­Situation sehr anders. Ich weiss, dass ein Album am Entstehen ist, habe eine Band um mich und ein Label, ein Booking, ein Team. Das ist auch sehr schön, weil ich mir konzeptuelle Gedanken machen kann. Ich kann mir beispielsweise überlegen, was das Thema des Albums sein soll, was der Titel, oder ich schaue auf den Kontext der Songs und überlege, was noch fehlt. So weit habe ich früher nie gedacht. Es waren Songs da und irgendwann das fertige Album. Jetzt ist alles konkreter.

Jetzt ist das Album fertig und du gehst damit auf die Bühne. Wie bereitest du dich auf ein Konzert vor, damit die Songs auch auf der Bühne so klingen, wie du sie haben möchtest?
Es ist mir wichtig, dass meine Band und ich uns über die Soundästhetik einig sind und dass wir alle die Stimmung des Songs verstehen. Gleichzeitig ist mega wichtig, dass Platz für Überraschungen da ist. Natürlich gibt es einzelne kleine Melodien, die immer genau gleich gespielt werden müssen. Es gibt aber ganz viele Sachen, die viel spannender sind, wenn sie aus dem Moment oder aus einer Emotion gespielt werden. Das hängt natürlich von der Tagesform und der Stimmung in der Band ab. Aber auch von der Stimmung im Publikum und wie es mit der Band und mit mir interagiert.

Was ist bei dir für 2023 weiter geplant?
Im April spielen wir den zweiten Teil der Release-Tour zu «Illusion», also verschiedene Auftritte mit der Band in der Schweiz. Anschliessend nehme ich das zweite Album auf. Das dauert dann sicher einen Moment, bis es veröffentlicht wird. Über den Sommer spielen wir die ersten grossen Festivals, beispielsweise am Open­ Air St. Gallen. Das ist eine grosse Freude. Natürlich gibt es Sachen, die noch nicht bekannt gegeben werden dürfen. Es werden vor allem viele Konzerte sein und vielleicht auch ein Ausstrecken der Fühler über die Schweizer Grenzen hinaus. Aber ich gehe Schritt für Schritt.

Dieses Interview entstand in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Online-Kultur-Magazin Bäckstage.ch

Patrick Holenstein